op. 46
Adelaide
by Friedrich von Matthisson (1761-1831)
Einsam wandelt dein Freund im Frühlingsgarten,
Mild vom lieblichen Zauberlicht umflossen,
Das durch wankende Blütenzweige zittert,
Adelaide!
In der spiegelnden Flut, im Schnee der Alpen,
In des sinkenden Tages Goldgewölken,
Im Gefilde der Sterne strahlt dein Bildnis,
Adelaide!
Abendlüfte im zarten Laube flüstern,
Silberglöckchen des Mais im Grase säuseln,
Wellen rauschen und Nachtigallen flöten:
Adelaide!
Einst, o Wunder! entblüht auf meinem Grabe
Eine Blume der Asche meines Herzens;
Deutlich schimmert auf jedem Purpurblättchen:
Adelaide!
op. 52 No. 4
Mailied
by Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Wie herrlich leuchtet mir die Natur,
Wie glänzt die Sonne, wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten aus jedem Zweig
Und tausend Stimmen aus dem Gesträuch,
Und Freud und Wonne aus jeder Brust,
O Erd', o Sonne, o Glück, o Lust!
O Lieb', o Liebe! So golden schön
Wie Morgenwolken auf jenen Höhn!
Du segnest herrlich das frische Feld,
Im Blütendampfe die volle Welt.
O Mädchen, Mädchen, wie lieb ich dich!
Wie blickt dein Auge, wie liebst du mich!
So liebt die Lerche Gesang und Luft,
Und Morgenblumen den Himmelsduft
Wie ich dich liebe mit warmen Blut,
Die du mir Jugend und Freud und Mut
Zu neuen Liedern und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich, wie du mich liebst!
op. 128
Der Kuß
by Christian Felix Weiße (1726-1804)
Ich war bei Chloen ganz allein,
Und küssen wollt ich sie.
Jedoch sie sprach,
Sie würde schrein,
Es sei vergebne Müh.
Ich wagt' es doch und küßte sie,
Trotz ihrer Gegenwehr.
Und schrie sie nicht?
Jawohl, sie schrie,
Doch lange hinterher.
WoO 123
Zärtliche Liebe
by K. F. Herrosee
Ich liebe dich, so wie du mich,
Am Abend und am Morgen,
Noch war kein Tag, wo du und ich
Nicht teilten unsre Sorgen.
Auch waren sie für dich und mich
Getilt leicht zu ertragen;
Du tröstetest im Kummer mich,
Ich weint in deine Klagen.
Drum Gottes Segen über dir,
Du, meines Lebens Freude.
Gott schütze dich, erhalt dich mir,
Schütz und erhalt uns beide.
WoO 129
Der Wachtelschlag
by Samuel Friedrich Sauter (1766-1846)
Ach! mir schallt's dorten so lieblich hervor:
Fürchte Gott, fürchte Gott!
Ruft mir die Wachtel ins Ohr.
Sitzend im Grünen, von Halmen umhüllt,
Mahnt sie dem Horcher am Saatengefild:
Liebe Gott, liebe Gott!
Er ist so gütig, so mild.
Wieder bedeutet ihr hüpfender Schlag:
Lobe Gott, lobe Gott!
Der dich zu loben vermag.
Siehst du die herrlichen Früchte im Feld?
Nimm es zu Herzen, Bewohner der Welt:
Danke Gott, danke Gott!
Der dich ernährt und erhält.
Schreckt dich im Wetter der Herz der Natur:
Bitte Gott, bitte Gott!
Ruft sie, er schonet die Flur.
Machen Gefahren der Krieger dir bang:
Traue Gott, traue Gott!
Sieh', er verziehet nicht lang.
WoO 136
Andenken
by Friedrich von Matthisson (1761-1831)
Ich denke dein,
Wenn durch den Hain
Der Nachtigallen
Akkorde schallen!
Wann denkst du mein?
Ich denke dein
Im Dämmerschein
Der Abendhelle
Am Schattenquelle!
Wo denkst du mein?
Ich denke dein
Mit süßer Pein
Mit bangem Sehnen
Und heißen Tränen!
Wie denkst du mein?
O denke mein,
Bis zum Verein
Auf besserm Sterne!
In jeder Ferne
Denk ich nur dein!
WoO 149
Resignation
by Paul von Haugwitz (1791-1856)
Lisch aus, mein Licht! Was dir gebricht,
Das ist nun fort, an diesem Ort
Kannst du's nicht wieder finden!
Du mußt nun los dich binden.
Sonst hast du lustig aufgebrannt,
Nun hat man dir die Luft entwandt;
Wenn diese fort gewehet, die Flamme irregehet,
Sucht, findet nicht, lisch aus, mein Licht!